Friede, Freude, Liebe, Einheit als Orientierung   Vision 2000 – 1/2002

Nicht alles, was in Erstaunen versetzt, ist heilsträchtig (Von Urs Keusch)

 

Auch unter praktizierenden Christen nimmt die Verwirrung zu. Immer öfter werden mehr als zweifelhafte Praktiken ohne irgendwelche Probleme in das Glaubensleben eingebunden. Ein Priester berichtet über seine Erfahrungen und gibt Hinweise. wie man die Geister unterscheiden kann.

In seinem Buch "Wozu ist der Teufel da?" schreibt Klaus Berger: "Wer Gott sucht, trifft auch auf den Teufel... Es ist geradezu ein Erkennungsmerkmal jüdisch-christlicher Religion, dass der unsichtbare Raum so zweigeteilt ist. In keiner anderen mir bekannten Religion ist das auch nur vergleichsweise ausgeprägt."

Dass der „unsichtbare Raum" zweigeteilt ist, dass das Leben des Menschen nicht durch neutrales, friedliches Land führt: davon berichtet die Bibel schon auf den ersten Seiten. Und immer wieder werden wir darin gemahnt: "Leben und Tod lege ich dir vor, Segen oder Fluch. Wähle das Leben!“ (Deut 30,19). Wähle das Leben! Wähle das, was von Gott kommt!

Auch uns gilt das Wort, das Johannes damals an die Christen richtete: „Liebe Brüder, traut nicht jedem Geist, sondern prüft die Geister, ob sie aus Gott sind."  (1 Joh 4,1) Prüft! Unterscheidet! Entscheidet euch für Gott! Und das gilt jeden Tag neu. Wir müssen das, was aus dem „unsichtbaren Raum" dann im sichtbaren erscheint, uns immer wieder genau anschauen und prüfen, ob es aus Gott ist.

Als Priester ist man immer wieder erstaunt, wie viele Menschen, die sich noch Christen nennen und jeden Sonntag zur Kirche gehen, kaum mehr zu unterscheiden vermögen zwischen dem, was vom guten und dem, was vom bösen Geist ist.

Der Pfarrer von Ars soll einmal gesagt haben: „Nimm dem Volk den Priester, und es wird in 20 Jahren Tiere anbeten." Er hat recht. Der Mensch, der religiöse Mensch, verirrt sich leicht (auch nach so viel Aufklärung!), wenn ihm das Beispiel und das Zeugnis einer im Glauben geläuterten und gereiften Seelsorgepersönlichkeit genommen wird. Die haltgebende Bindung an die kirchliche Gemeinschaft löst sich dann erstaunlich schnell auf.

Religiös suchende und oft auch einsame Menschen halten dann nicht selten Ausschau nach Orientierung und Zuspruch in religiösen Nischen: bei Himmelsbotschaften, Privatoffenbarungen, Ekstatikern, Visionären, Besessenen... Gerade in Zeiten der Erprobung im Glauben, wenn es darum geht, standhaft und geduldig zu bleiben, sind heute auch viele Christen in Gefahr, nach fragwürdigen Hilfen zu greifen.

– Wie oft habe ich es schon erlebt, daß sonst kirchentreue Christen den plötzlichen Tod ihres Partners nicht verkraften und bei Personen Zuflucht nehmen, "die mehr wissen und mehr können als andere". Man lässt sich von Pendlern und von Menschen, die "Kontakt zum Jenseits" haben, Auskunft darüber geben, ob der Verstorbene gerettet ist oder nicht und wie viele Messen er noch braucht, um aus dem Fegefeuer erlöst zu werden.

– Oder Eltern haben ein Kind verloren und kommen nicht über den Schmerz hinweg. Sie werden von anderen, die gleiches erlebt haben, in ihre Gruppe eingeladen. Dort gibt es ein Medium, das Kontakt mit dem verstorbenen Kind aufnimmt. Man ist überglücklich, wenigstens auf diese Weise mit dem verlorenen Kleinen in Kontakt zu bleiben.

– Andere sind unheilbar krank und von den Ärzten aufgegeben. In ihrer Verzweiflung greifen sie nach jedem Strohhalm. Sie scheuen sich nicht, auch bei solchen Personen Hilfe zu suchen, die ihre sogenannten Energien aus offensichtlich trüben okkulten Quellen beziehen.

– Oder andere möchten Auskunft über Menschen oder Dinge, die ihre Zukunft betreffen, und schrecken nicht davor zurück, "Besessene" aufzusuchen, aus denen dann die Dämonen "in höherem Auftrag" Auskunft geben müssen - auch darüber, welche Priester und Bischöfe noch rechtgläubig sind und welche nicht.

 – Und wie oft erhalte ich Botschaften und Offenbarungen von Sehern und Seherinnen, die ungeprüft und ohne Gutheißung des Bischofs überallhin verbreitet werden und die nicht selten Kennzeichen der Unechtheit an sich tragen. Sind wir Priester dann nicht bereit, vorbehaltlos an alle diese Dinge zu glauben und sie zu verbreiten, dann sind wir ungläubig und lehnen die Muttergottes ab.

Das sind nur einige Beispiele für die große geistige Verwirrung, die heute unter Gläubigen herrscht. Und das stellt eine enorme Belastung für die Seelsorge dar. Alle die aufgezählten Praktiken können niemals dem guten Geist zugeschrieben werden. Sie machen vielmehr deutlich, daß solchen Menschen die Bindung im Glauben an den gütigen Vater und das kindliche Vertrauen in Seine Güte und Vorsehung fehlen.

Sie erinnern an König Saul, der sich in seiner Not verkleidet zu einer Totenbeschwörerin geht (1 Sam 28). Er will Auskunft darüber, wie der geplante Krieg ausgehen wird. Das war ein böses Vergehen gegen das 1. Gebot des Dekalogs, eine große Sünde, Mißtrauen gegen die Güte und Liebe Gottes.

Menschen, die wirklich an Gott glauben und Gott lieben, dürfen niemals solche Wege beschreiten. Der "normale" Zugang zum lebendigen Gott ist für den Menschen das gläubige Vertrauen und die Liebe. Wir dürfen keine Hintertüren eindrücken.

Wo Menschen das trotzdem tun, begeben sie sich in die gleiche Gefahr wie König Saul. Sie verlieren den Zugang zum Heiligtum Gottes. Ihr Gebet kommt nicht mehr bei Gott an. Nicht selten werden solche Menschen wie Saul - seelisch gestört und krank, kritiksüchtig und mißgünstig, sehen überall nur noch den Teufel am Werk und verlieren die Freude am Leben.

Es sind im Laufe der Geschichte  des Christentums große Männer und Frauen, Theologen und Gelehrte auf solchen Ungeist hereingefallen. Wem die ehrfürchtige Liebe zum Vater im Himmel abhanden gekommen ist und wer, daher mehr wissen will, als was im Raum der Stille und des Gebetes erfahren werden kann: Dieser Mensch betritt gefährliches Land und gefährdet seinen ewigen Anteil.

Besondere charismatische Geistesgaben, wie sie vor allem in den Paulusbriefen zur Sprache kommen, bedürfen immer der kritischen Begleitung und Unterscheidung durch erfahrene Leute und sind zum Aufbau der Gemeinde geschenkt und nicht als privates Geheimwissen.

Vergessen wir es nicht: Hier auf Erden leben wir nicht im Schauen, sondern im Glauben. Uns ist das Licht des Glaubens und die Zuversicht des Vertrauens geschenkt. Das ist der Raum, in dem wir begegnen können und wo uns im Gebet offenbart wird, was wir zu wissen brauchen.

Im gläubigen Vertrauen wird uns auch alle Kraft gegeben, um noch so schwierige Prüfungen im Leben zu bestehen. „Warum sollten wir Ihm nicht vertrauen, da Er noch keinen getäuscht hat?" (Franz v. Sales)

Woran können wir erkennen, ob etwas vom guten Geiste ist? Da gibt uns Paulus einen wunderbar einfachen Maßstab in die Hand, mit dem wir alles messen können, das aus dem „zweigeteilten Raum" nach außen in die sichtbare Welt tritt. Im Galaterbrief (5,22) schreibt er: "Früchte des (guten, des Heiligen) Geistes sind: Liebe, Freude, Friede…

–  Alles, was in Ihnen die Liebe zu Gott, zur Kirche, zu den Menschen, zu ihrer Familie, zur Schöpfung, zu Ihrer Berufung als Mutter, Vater, Ordensschwester, Priester... weckt und fördert, das ist vom guten Geist.

–  Alles, was in Ihnen die Freude weckt an Gott, an der Kirche, am Leben, an Ihren Kindern..., dort ist der gute Geist.

–  Wenn Sie durch eine Botschaft, eine Vision, einen Geistesblitz, einen Menschen, ein Buch im inneren Frieden (den nur Gott geben kann!) bestärkt werden, aber auch im Frieden mit den Menschen, mit Ihrer Lebensaufgabe, dann ist es vom guten Geist.

Wo aber Botschaften, Visionen, religiöse Aktivitäten und Gebetsgemeinschaften die Freude, die Liebe, den Frieden und die Einheit untereinander gefährden und zersetzen, wo die Einheit mit dem Bischof nicht gesucht und gefördert wird, wo der Geist der Kritiksucht zu Gruppenbildungen und aus der Einheit mit der Kirche herausführt: dort ist immer der böse Geist am Werk.

Der heilige Augustinus hat einmal gesagt: "Jeder hat den Heiligen Geist in dem Maß, als er die Kirche liebt." Ich denke, wer sich dessen bewusst ist, wird kaum einmal vom guten Weg abkommen.

Noch ein letztes: "Prüft alles, was gut ist, behaltet!" (IThess 5,21) Wir sollten nicht gleich alles verteufeln, was wir nicht kennen und verstehen. Zum Beispiel ist nicht jede Heilmethode, die aus der asiatischen Welt kommt, vom Teufel. (Jesus hat die Geschenke der Magier aus dem Osten auch nicht zurückgewiesen!) Informieren wir uns sorgfältig und gründlich und lassen wir uns von Fachleuten beraten! Und sollten wir uns trotzdem einmal "verwählen", dann gilt uns die Zusage des Herrn: "Nichts wird euch schaden können." (Lk 10,19)

Auch ist nicht alles, was in Erstaunen versetzt, schon heilsträchtig. Stigmata, Visionen, Engelserscheinungen, Schweben, Blutbilder, eine außerordentliche Kenntnis der Heiligen Schrift und verborgener Dinge, das Schauen von Bildern und zukünftiger Dinge: Das alles ist noch lange kein Beweis dafür, dass etwas von Gott ist.

Solche Phänomene gibt es auch außerhalb des religiösen und christlichen Raumes. Und dennoch fallen immer wieder Leute, ja, sogar Priester auf Personen herein, die über solche Fähigkeiten verfügen. Wie oft kommt es vor, daß Priester solche Phänomene nicht kritisch prüfen und an die Hand nehmen, sondern selbst bald die Geführten und Verführten sind!

Vergessen wir nicht, was schon Paulus den Christen seiner Zeit gesagt hat, die sich in einer ähnlichen Situation befanden wie wir heute: "Ich zeige euch jetzt noch einen anderen Weg, einen, der alles übersteigt..."

Und jetzt darf ich Sie bitten, Ihre Bibel aufzuschlagen und das 12. und 13. Kapitel im 1. Korintherbrief zu lesen. Sie werden zu diesem Thema nichts Besseres und Hilfreicheres finden.

 

Der Autor ist Priester in der Schweiz

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